Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Anträge |
Antragsteller*in: | Petra Kärgel (KV Pinneberg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 23.02.2019, 21:07 |
N 5: Kunstrasen – Sport und Ökologie vereinbaren
Antragstext
Der Landesparteitag möge beschließen:
1. Das Umweltbundesamt wird aufgefordert Umwelt- und Gesundheitsfolgen von
Kunstrasen zu untersuchen und förderfähige Alternativen zu
Kunstrasenspielfeldern zu entwickeln, die sowohl den Ansprüchen an die
Umweltverträglichkeit als auch den Ansprüchen an die Spielfeldqualität gerecht
werden. Hierzu sollen sowohl bundesweit, als auch vor Ort die betreffenden
Sportverbände mit einbezogen werden.
2. Aus ökologischen Gesichtsgründen wird die Sportstättenförderrichtlinie für
die Kommunalen Sportstätten in Schleswig-Holstein bis zum Vorliegen von
Ergebnissen (Punkt 1) überarbeitet.
3. Aus Gründen des Umweltschutzes werden bei Neubauten von Kunstrasenplätzen ein
geschlossenes Bewässerungssystem sowie ein Verwehungsschutz vorgeschrieben. Für
Plätze mit Gummigranulat fordern wir auch im Altbestand eine Nachrüstung.
4. Die Verwendung von natürlichem, biologisch abbaubarem Granulat soll für eine
Förderungsfähigkeit verpflichtend sein.
5. Aus Gründen des Umweltschutzes / Gesundheitsschutzes darf bei der
Stabilisierung des Kunstrasens mit Gummigranulat der kombinierte
Konzentrationswert von 17 mg/kg bei acht polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffen (PAK)* nicht überschritten werden.
6. Bei Abbau / Sanierung des Kunstrasenplatzes ist ein dokumentiertes Recycling
verpflichtend.
7. Wir fordern eine unabhängige Beratungsstelle auf Landesebene mit einem
Entscheidungshilfeleitfaden für kommunale Entscheidungsträger*innen zur
Kunstrasenthematik.
Begründung
Umweltschutz als auch Sportförderung sind politische Ziele von hohem Stellenwert.
Bislang fördert das Land SH die Sanierung von Sportstätten bzw. den Umbau zu/Sanierung von Kunstrasenplätzen durch finanzielle Zuschüsse (2016/2017: insgesamt 3,2 Mio. €), um den Vereinen ganzjährig bespielbare Kunststofffelder zu ermöglichen. Bei der Umsetzung der Sportförderung dürfen die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Nach Berechnungen des Frauenhofer-Institutes werden in Deutschland jedes Jahr 8000 Tonnen Mikroplastikteilchen allein durch Fußball-Kunstrasenplätze in die Umwelt emittiert – 20-mal mehr als durch Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittel in deutschen Haushalten freigesetzt werden. Verwehungen von künstlichen Sport- und Spielplätzen sind laut Frauenhofer-Institut neben dem Reifenabrieb als Hauptverursacher für die Verbreitung von Mikroplastik anzusehen. Plastikteilchen gelangen auch durch Anhaftungen an Schuhen und Kleidung der Sportler*innen sowie durch offene Bewässerungssysteme in die Umwelt.
Neben den Plastikhalmen eines Kunstrasenfeldes selbst ist auch die Verfüllung mit recycelten Gummigranulat als problematisch anzusehen. Laut Europäischer Chemikalienagentur (ECHA) können Gummigranulate eine Reihe potenziell gefährlicher Stoffe enthalten wie u. a. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Die ECHA zieht eine Beschränkung in Erwägung, um sicherzustellen, dass nur Gummigranulat mit sehr niedrigen Konzentrationen an PAK und anderen relevanten gefährlichen Stoffen zur Anwendung kommt und empfiehlt den Spieler*innen, die synthetische Sportplätze nutzen, nach dem Spiel grundlegende Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Die Niederlande hat 2016 ein Beschränkungsdossier bei der ECHA eingereicht, dass das gesundheitliche Risiko durch Gummigranulate senken soll, in dem ein kombinierter Konzentrationsgrenzwert von 17 mg / kg bei acht PAK in Granulaten festgelegt wird. PAK können Krebs erzeugen, genetische Defekte verursachen und sind sehr giftig für Wasserorganismen. Aus diesen Gründen fordern wir, dass der von den Niederlanden geforderte kombinierte Grenzwert übernommen wird.
Die ECHA weist nachdrücklich darauf hin, dass emittierte Mikroplastikteilchen sowohl persistent sind (biologisch nicht abbaubar) als auch keine Möglichkeiten existieren, diese jemals wieder aus der Umwelt zurückzuholen. Es wird somit eine zunehmende unumkehrbare Anreicherung von Mikroplastikteilchen in der Umwelt stattfinden. Mikro- und Nanoplastikteilchen gelangen über die Nahrungskette sowie durch Inhalation auch in die Körper von uns Menschen. Die Folgen für uns und unseren Planeten sind bislang unabsehbar und noch nicht erforscht. Die nachfolgenden Generationen werden die Folgen unseres unvergänglichen Plastikerbes tragen müssen. Wie beim Treibhauseffekt sollten wir deswegen dafür sorgen – da wo es nur irgend geht – Mikroplastikemissionen zu minimieren. Unter Berücksichtigung der genannten Aspekte sollte der Bau/Sanierung von Kunstrasenfeldern auf lange Sicht nicht weiter oder nur noch sehr eingeschränkt finanziell gefördert werden. Gleichzeitig müssen umweltverträgliche Lösungen für moderne Spielfelder gefunden werden, die den Ansprüchen der Sportvereine genügen. Einige Sportarten fordern Kunstrasen für Ligaspiele. Auch hier sollten die Vereine stets prüfen müssen, ob sich so ein Platz mit Nachbargemeinden teilen lässt. Ein Kunstrasenplatz darf nicht zum Prestigeobjekt werden, sondern muss notwendiges Übel sein. Winterrasen können ebenso eine Alternative sein wie eine Beheizung des Rasens, ein Hybridrasen reduziert nur den Plastikanteil hilft aber nicht wirklich weiter.
Fachliche Quellen u. a.:
1. Europäische Chemikalienagentur (ECHA), Gummigranulat und Mulche auf Sport- und Spielplätzen: https://echa.europa.eu/de/hot-topics/granules-mulches-on-pitches-playgrounds
2. Frauenhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht, Konsortialstudie, Juni 2018: Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik
* BaP (Benzo[a]pyren, DBAhA (Dibenzo(ah)anthracen ), BeP (Benzo(e)pyren) (, BaA (Benzo(a)anthracen), CHR (Chrysen), BbFA (Benzofluoranthen), BjFA (Benzo(j)fluoranthen), BkFA (Benzo(k)fluoranthen)
Unterstützer*innen
- Petra Kärgel (KV Pinneberg)
- Anja Keller (KV Pinneberg)
- Dieter Schott (KV Pinneberg)
Zustimmung
- Andreas Schulze
- Jan Karthäuser
- Marvin Giordan
- Isabel Scholz
- Nadine Mai
- Anne-Kathrin Ahsbahs
- Rainer Hagendorf
- Willi Ulbrich
Änderungsanträge
- N 5.1 (Ann-Kathrin Tranziska (Pinneberg KV), Eingereicht)
Kommentare
Marina Quoirin-Nebel:
Barbara Ganter:
Lutz Baastrup:
Nadine Mai:
Willi Ulbrich: